Was ist nur mit dem ÖV los?

Von SP Sissach, 13. Oktober 2016

 

 

Als Verfechter eines starken Öffentlichen Verkehrs (ÖV) bin ich über gewisse Entwicklungen und Planungsabsichten der SBB und unseres Kantons erstaunt, wenn nicht sogar schockiert. Angefangen hat das Bündel schlechter Nachrichten mit der Ankündigung der Regierung des Kantons Basel-Landschaft, die bisherigen Subventionen des U-Abos ersatzlos zu streichen. Bei der Schaffung dieses Abos war unser Kanton schweizweit führend. Die Auslastung im ÖV nahm sprunghaft zu. Zum Erfolg beigetragen haben aber auch der Ausbau der Bahninfrastruktur, die Einführung des Halbstundentraktes und die modernen Flirtzüge. Jetzt will unsere Regierung zahlreiche Bahnkunden wieder auf die Strasse zwingen. Dass nach heftigen Protesten nur die Jugendlichen von den happigen Preiserhöhungen verschont werden sollen, macht diesen Abbau auch nicht besser.

Einmal mehr sollen wegen Geldknappheit im nächsten Generellen Leistungsauftrag (GLA) zahlreiche Buslinien ausgedünnt und die S9 im Homburgertal auf Busbetrieb umgestellt werden. Diese Massnahmen treffen in erster Linie die Randregionen unseres Kantons. Im Vergleich mit dem unteren Kantonsteil, muss unsere Bevölkerung schmerzhafte Abstriche beim ÖV entgegennehmen. Dabei sind gerade im Homburgertal sehr kreative Lösungen beim Bahnverkehr vorhanden. Leider nimmt man diese aber in Liestal nicht zur Kenntnis. Mehr als peinlich ist, dass die SBB beim Umbau des Bahnhofs Sissach mögliche zukünftige Entwicklungen fahrlässig verbaut haben.

Eine weitere Hiobsbotschaft erreichte die Bevölkerung mit der Ankündigung der SBB, per 2017 den Verkauf von Billetten in den Bahnhöfen Gelterkinden und Muttenz aufzuheben. Man stelle sich vor: in Muttenz mit einer Wohnbevölkerung von über 17’000 Einwohnern kann man kein SBB Billet mehr an einem Schalter kaufen! Die SBB verabschieden sich damit aus den regionalen Zentren. Leidtragende dieses Abbaukurses sind ältere Personen, Schulen, Vereine sowie das Personal. Die Attraktivität der betroffenen Regionen wird geschmälert. Die SBB haben in den vergangenen zehn Jahren jeden dritten Schalter geschlossen. Nun werden auch die Billettverkäufe von Drittanbietern wie Avec, Migroslino und Post eingestellt. Betroffen sind 52 Bahnhöfe in der ganzen Schweiz.

Der nächste Schritt der negativen Schlagzeilen war die Ankündigung, das Generalabonnement für Vielreisende zu streichen. Wenn ich die täglichen Staumeldungen auf den Strassen höre, muss ich allen dankbar sein, welche mit einem GA unterwegs sind.

Der Öffentliche Verkehr ist in der Schweiz und somit auch im Kanton Basel-Landschaft sehr gut ausgebaut und steht bei der Bevölkerung in hohem Kurs. Versuchen Sie einmal im Ausland ein Dorf in der Grösse von Diepflingen mit dem Bus oder der Bahn zu erreichen. Sie werden kläglich scheitern. Ein Schulbus morgens und abends ist das höchste der Gefühle.

Die geplanten Abbaumassnahmen im ÖV werden zwar kurzfristige Einsparungen bringen, für die Standortqualität (besonders im ländlichen Raum) werden sie aber verheerende Auswirkungen haben. Aus meiner Sicht ist es fahrlässig, die gute Qualität unseres ÖVs aufs Spiel zu setzen. Aus diesem Grunde hoffe ich auf die Einsicht der politisch Verantwortlichen, dass sie kurzfristige wirtschaftliche Vorteile nicht längerfristigen positiven Entwicklungen opfern.

 

Jürg Degen, Landrat SP, Itingen