„Ich bin dann mal weg!“
Von SP Sissach, 22. Juni 2019
Liebe BesucherInnen dieser Website
Ich möchte mich für die vielen aufmunternden Worte bedanken, die ich in den letzten Monaten, aber schon Jahre davor erhalten habe. Während nunmehr fast 6 Jahren lasse ich die LeserInnen der «Volksstimme» periodisch über die Carte Blanca an meinen Gedanken teilhaben. Es ist nicht immer einfach, auf Knopfdruck 3000 Ziffern zu schreiben und dabei versuchen, Inhalte zu vermitteln und nicht einfach aus Ideenlosigkeit Parteiphrasen zu dreschen. Besonders hat mich zum Abschluss gefreut, dass mich die BAZ mit der Aussage, «es verschwindet ein Farbtupf aus dem Baselbieter Landrat» in ihrer Analyse zu den LR-Wahlen geehrt hat. Es bestätigt mir auf eindrückliche Weise, dass es für das Prädikat «Farbtupf « inhaltlich schon etwas mehr brauch als einfach eine rote Strähne am Kopf zu haben.
Es ist sehr faszinierend die 2 Amtsperioden miteinander vergleichen zu können. Während die ersten 4 Jahre von Kompromissen und Zusammenarbeit geprägt waren, die eine gestalterische Politik wegen den Finanzen auf kleinem Niveau doch zuliess, gestaltete sich die 2 Hälfte als – gelinde ausgedrückt – mühsam. Schafften es doch unsere selbsternannten Heimatschützer mit Mehrheiten, regelmässig jegliche Diskussion abzuwürgen und ihre alleinseligmachende Politik durchzubringen. Was dazu führte, dass jedes Mal, für wichtige Angelegenheiten, das Volk befragt werden musste, und die alleinseligmachende Politik Mal für Mal eine Abfuhr erhielt. Aber Sie haben es sicher bemerkt, ja Sie haben sogar tatkräftig mitgeholfen dieVerhältnisse für die nächsten Jahre wieder ins richtige Lot zu lenken. Auch dafür möchte ich euch Ihnen herzlich Dank sagen.
Unser Baselbiet wird weiterhin ein bürgerliches Baselbiet sein, mit der tollen Einschränkung, dass wieder zusammen Kompromisse geschmiedet werden müssen. Dass ich nun nicht mehr mithelfen kann, zu gestalten, soll Sie nicht weiter kümmern. Ich bin vor kurzem zum dritten Mal Grossvater geworden und habe im Leben schon öfters die Erfahrung gemacht: Wenn man sich auf das Wirkliche im Leben einlässt, verblasst der Stellenwert der Politik sehr, sehr schnell. Politik ist nämlich nicht immer lustig und die letzten 4 Jahre haben meine Frusttoleranz gegenüber den Bürgerlich für die nächsten 40 Jahre ausgeschöpft. Mir wird es sicher nicht langweilig werden und glauben Sie ja nicht, ich würde nun etwas ruhiger werden. Im Gegenteil, es gibt noch viel zu tun. Es hat sich ja gezeigt, was dabei herauskommen kann, wenn man die Geschicke in die Hand von anderen legt. Vielleicht komm es aber auch ganz anders. Gefühlte 44 Jahren war ich eigentlich ununterbrochen in der freiwilligen ehrenamtlichen Arbeit tätig, sei es sozial in der Jugendarbeit und Kirche oder im Vorstand des Hafnermeisterverbandes NWS gesellschaftlich in der Fasnacht und so weiter. Und plötzlich, Sie ahnen es: Ich bin dann mal weg.
Stefan Zemp, ab 1. Juli 2019 Alt-Landrat SP
Und hier eine Replik des ehemaligen Landratskollegen und Parteigenossen Jürg Degen
«Ich bin dann mal weg!»
Bald alt Landrat Stefan Zemp verabschiedet sich mit seiner «Carte blanche» von den Leserinnen und Lesern der Volksstimme. Mit seiner Wahl 2011 in den Landrat war die SP aus dem Wahlkreis Sissach endlich wieder mit zwei Personen vertreten. Ich bekam einen grossartigen Mitkämpfer und kritischen Begleiter. Stefan Zemp fiel von Anfang an mit unkonventionellen Voten und skurrilem Humor auf, was dem meistens trockenen Ratsbetrieb nur guttat. Steffi politisierte immer direkt und parteitaktisches Taktieren war ihm fremd. Umso mehr gelang es ihm hinter den Kulissen zusammen mit bürgerlichen Politikern tragfähige Kompromisse einzufädeln. Dies war vor allem bei der Erarbeitung des Energiegesetztes wichtig. Mit dem Austreten von Stefan Zemp verliert der Landrat tatsächlich einen «Farbtupfer»! Schade, denn gerade solche machen das Politisieren spannend und interessant. «Ich bin nun mal weg!» Aber bitte lieber Steffi, komm bald wieder zurück! – Und: danke für alles!
Jürg Degen, Itingen, ehemaligen Landratspräsident