Wer pflegt uns morgen?
Von SP Sissach, 5. November 2021
Sissach – Podiumsdiskussion der SP Sissach und Umgebung zur Pflege-Initiative
Das Gesundheits- und Pflegepersonal ist am Limit und die Covid-Pandemie hat den Druck weiter erhöht. Der Stress ist gross. Über 40 Prozent der ausgebildeten Pflegenden verlassen den Job.
Wie sieht die Zukunft der Pflege aus und wie kann die Pflege-Initiative, über die am 28. November abgestimmt wird, Abhilfe schaffen? Darüber haben am 27. Oktober 2021 Irina Hellmann, dipl. Expertin Intensivpflege und Adil Koller, SP-Landrat unter der Leitung von Michel Camelin, SP Sissach und Umgebung, diskutiert.
Irina Hellmann schilderte vor den zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauer im Jakobshof in Sissach eindrücklich die Situation auf der Intensivpflegestation, auf der sie arbeitet. Sie erzählte von Überstunden, und dem Kampf mit dem eigenen Gewissen: «Nein» zu sagen, zu einer zusätzlichen Schicht oder zusätzlicher Arbeit in der Pause, sei schwierig, weil man wisse, dass darunter pflegebedürftige Personen leiden würden. Genau auf diese Freiwilligkeit und die endlose Motivation des Pflegepersonals werde in der Branche jedoch gesetzt, fügte SP-Landrat Koller an. Das müsse sich ändern, denn «Klatschen allein reicht nicht».
Einig waren sich Hellmann und Koller auch, dass es die Verfassungsänderung brauche, die die Pflegeinitiative will. Zu lange hätten sich viele Politikerinnen und Politiker nur lieblos um den drohenden Pflege-Notstand gekümmert. Jetzt sei dieser Auftrag an Bundesrat und Parlament nötig, so Koller. Als Landrat habe er auch festgestellt, dass es auf kantonaler Ebene schwierig sei, etwas zu verändern. Durch die Auslagerung der Spitäler aus der Kantonsverwaltung habe zum Beispiel der Landrat praktisch keine Möglichkeit mehr, Einfluss auf die Löhne der Spitalangestellten zu nehmen.
Eine Ausbildungsoffensive, wie sie der Gegenvorschlag will, allein reiche zudem nicht. Zu gross sei die Gefahr, dass die Ausgebildeten den Beruf bald wieder verlassen würden. Ändern müssten sich die Rahmenbedingungen, so Hellmann: Genügend Personal, höhere Löhne und Arbeitspläne, die sich auch nach den Bedürfnissen von Familien richten.
Er hoffe, dass er dank der Pflegeinitiative eine umfassende Pflege erhalten werde, falls er sie brauche, schloss Adil Koller. Ob Irina Hellmann in zehn Jahren noch in der Pflege arbeite, wisse sie nicht. Falls sich die Rahmenbedingungen ändern würden, sei dies aber gut möglich, denn – trotz allem – liebe sie ihren Beruf. Diskussionsleiter Michel Camelin appellierte am Schluss an die Anwesenden, «Ja» zu stimmen zur Pflege-Initiative: «damit uns auch morgen noch jemand pflegt.»
Sandra Strüby-Schaub, Präsidentin SP Sissach und Umgebung
SP-Landrat Adil Koller, Intensivpflegerin Irina Hellmann und Michel Camelin am Podium zur Pflege-Initiative.