Meine Lieblingsband und die Abstimmung

Von SP Sissach u. U., 30. Juli 2024

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Letzten Sommer kam ich das erste Mal in den Genuss eines Live-Konzertes der grandiosen Berner Mundart-Band Troubas Kater. Die mitreissenden und leichtfüssigen Klänge mit den vielseitigen Texten animieren mich zum lauthals Mitsingen und Tanzen. Mitsingen ist zwar zum Teil etwas schwierig, weil alles recht schnell geht. Eine der Textpassagen des Songs «Aus egau» (=Alles egal) heisst in bestem Berndeutsch: «Me cha sis Läbe scho verbringe mit sech sorge um morn und aui Sorge versorge imne Vorsorge-Fonds, au dis Gäut wo de hesch wo der morn de mau nützt – für mi ok aber was mache mer hüt?» Ja was machen wir heute? Was machen wir am 22. September bei der Abstimmung zur BVG-Reform? Schliesslich geht es da um unser Pensionskassen(PK)-Geld, das uns morgen mal was nützen sollte.

Als der Parlamentsbeschluss vorlag, dachte ich zuerst, der grosse Gewinn liege in einer tieferen Eintrittsschwelle und die Änderung des Koordinationsabzuges. Diese führen dazu, dass Personen mit kleinen Einkommen vermehrt zu einer BVG-Versicherung und später einer PK-Rente kommen. Oftmals haben Frauen durch Teilzeit-Arbeit tiefere Einkommen. Prinzipiell wäre diese Senkung begrüssenswert, wäre da nicht ein grosser Haken: bei bereits tiefen Einkommen fehlt heute am Ende des Monats der Betrag, der einbezahlt werden muss. Ausserdem wird dieser einbezahlte Betrag beim Erreichen des Pensionsalters bei den Ergänzungsleistungen gekürzt, werden solche beansprucht. Das ist weder sozial noch effektiv. Es bedeutet aber, dass bei Annahme der Reform den Tieflöhner:innen jeden Monat weniger Geld zur Verfügung steht ohne späteren Gegenwert.

Das wichtigste Argument der Befürworter:innen ist die Sicherung der Renten durch Senkung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes von heute 6,8 auf 6 Prozent vor allem aufgrund der steigenden Lebenserwartung. Dieser Beschluss, der für den obligatorischen Teil der einbezahlten Rente gilt, hätte eine Rentenkürzung von 12 Prozent zur Folge. Um das Ganze abzufedern und im Wissen, dass eine solche Leistungskürzung kein Volksmehr findet, hat das Parlament für die ersten 15 Jahrgänge nach Inkraftsetzung der Reform abgestufte Rentenzuschläge definiert.

Einen solchen Zuschlag erhalten jedoch nicht alle Versicherten. Wer bei Pensionierung ein Altersguthaben von weniger als 441’000 Franken hat, der oder die erhält den Zuschlag. Gemäss Schätzungen des Bundesamts für Sozialversicherung wird ein Viertel der Übergangsgeneration den vollen Rentenzuschlag erhalten, ein weiterer Viertel einen reduzierten. Die Hälfte der Versicherten geht leer aus. Und wer bei Inkraftsetzung noch nicht 50jährig ist, bekommt so oder so keinen Zuschlag mehr.

Natürlich müssen die Renten für zukünftige Generationen gesichert werden. Aber die Vorlage hat zu viele Mängel und muss deshalb zurück an den Absender geschickt werden. Also anders als der Titel von Troubas Kater «Aus egau» ist mir die Abstimmung ganz und gar nicht egal und ich empfehle Ihnen, am 22. September ein Nein in die Urne zu legen.

Sandra Strüby-Schaub, Landrätin SP, Buckten

Dieser Beitrag erschien am 23. Juli 2024 als „ Carte Blanche “ in der „Volksstimme“